Doppelgiebel

In der Leipziger Peripherie entstanden in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts mehrere Siedlungen, in denen einfachste Doppel- oder Reihenhäuser mit Ställen und großen Grundstücken zur Selbstversorgung kombiniert wurden. Diese Siedlungsstrukturen sind mittlerweile bis zur Unkenntlichkeit überbaut, verändert und angepasst worden. Landwirtschaftliche Nutzungen und Tierhaltung sind nicht mehr existent. Die Grundstrukturen sind oft nur noch rudimentär zu erkennen.

Lageplan

Die Thomas-Müntzer-Siedlung in Leipzig-Knauthain ist eine dieser 30er- Jahre-Doppelhaus-Siedlungen, mit im Laufe der Jahre wild gewachsenen und in ihrer Ausgestaltung sehr heterogenen baulichen Erweiterungen der Gebäude. In der Absicht die historische Struktur der Siedlung fortzuschreiben, wurde eine fehlende Haushälfte in Form und Kubatur wiederhergestellt. Als verbindliche städtebauliche Vorgabe der örtlichen Stadtplanung musste der architektonische Duktus der angrenzenden Bebauung weitestgehend nachgeahmt werden. Im Gegensatz zur gebauten Nachbarschaft wurden allerdings die Raumhöhen und Niveaus verändert. Mit leicht zurückversetztem Giebel und etwas kleiner wurde – als „neuer Anbau“ – ein zweites Haus hinzugefügt, als großzügiger Wohn- Ess-Bereich unter einem sanft geschwungenen Dach zum großen Garten hin. Die interne Erschließung, welche die Individualräume mit Bädern auf zwei Ebenen mit dem überhohen Wohnbereich verbindet, erfolgt im Verschneidungsbereich der beiden neuen Baukörper.

Ansicht

Das neue Haus setzt mit seiner Erscheinung als dunkler Holzbau einen neuen Akzent im bisherigen Rund der Siedlung und hebt sich durch seine Materialisierung und Gestaltung bewusst von der Nachbarschaft ab. Es schreibt das Vorhandene fort und interpretiert sein heterogenes bauliches Umfeld mit einem Augenzwinkern neu.

Die Bauherrschaft wünschte sich dabei explizit eine Planung auf Grundlage nachwachsender und ökologischer Baumaterialien. Vor diesem Hintergrund ist, in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit der Bauherren-Familie, ein Massivholzhaus aus Brettsperrholzelementen mit Holzwolledämmung in Böden, Dach und Wänden entstanden.

Grundriss EG
Grundriss OG

Die Holzfassade ist mit einer silikatischen Beschichtung versehen, dieDielenböden sind mit Naturwachs behandelt und ein wassergeführter Holzofen dient als Heizung.
Im großen und zentralen Wohnraum, unter dem weichen Schwung des Dachs und mit dreiseitigem Blick ins Grüne, wird die Intention der sich verschneidenden Häuser unter einem „doppelten Giebel“ und seiner ehrlichen Materialisierung am besten wahrnehmbar.

Projektinformationen

Ort: Leipzig
Realisierung: 2020-2022
Bauherr: privat
Entwurf und Planung: KO/OK Architektur
Fotografie: Sebastian Schels