Lückenschluss

Die schmale Baulücke in der sonst gänzlich geschlossenen, gründerzeitlichen Blockrandbebauung entstand durch den ungelöschten Brand eines Mehrfamilienhauses Ende des 2.Weltkriegs. In den darauffolgenden Jahren wurde die Fläche als Park- und Abstellplatz für Autos und Geräte genutzt und mit Garagen bebaut. Die städtische Quartiersstruktur um das Grundstück herum ist in seiner historischen Struktur und Bauweise sowie mit Blick auf den grünen Innenhof weitestgehend intakt und noch nicht bis zur Unkenntlichkeit saniert und nachverdichtet.

Der gesamte Straßenzug und die umliegenden Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Somit muss sich, gemäß den Auflagen der Denkmalschutzbehörde, auch die straßenseitige Fassade des Neubaus in die gründerzeitliche Nachbarschaft einfügen und ein homogenes Straßenbild erzeugen. Die Fassade ist im Sockelbereich mit rautenförmigen Betonplatten mit regionalem Granitzuschlag belegt. Dadurch wird das Sockelthema der Nachbargebäude aufgegriffen und in einer reduzierten aber hochwertigen Formensprache umgesetzt. Die Fassade der Obergeschosse ist mit einem quittefarbenen Kratzputz versehen. Die raumhohen Holzfenster sind regelmäßig auf der Fassade angeordnet. Darüber legt sich ein Mansardendach, welches durch seine Dachneigung eine gewisse Eigenständigkeit im Straßenzug aufweist. Die Lücke wurde straßen- und hofseitig in Flucht der Nachbarbebauung geschlossen und schafft 7 Wohneinheiten zwischen 50 und 135qm. 

Das dienende Erdgeschoss des Gebäudes bietet genug Platz für einen Fahrradabstellraum, Müllraum sowie drei PKW-Stellplätze. Die Eingangssituation mit dem überdachten Durchgang zum Garten ist einer typischen Gründerzeitstruktur nachempfunden und schafft eine gewisse Großzügigkeit zum Ankommen, Treffen und Verweilen, die sonst im Neubau nur noch selten zu finden ist.  

Die Wohnungen im 1.–3. Obergeschoss sind auf einer Ebene als klassische Etagenwohnungen organisiert. Man betritt die Etagenwohnungen mittig über einen zentralen Flur mit Garderobe und anschließendem Bad. Direkt und offen angeschlossen an den Flur, liegt hofseitig, Richtung Westen, der lichtdurchflutete Wohn- und Essbereich mit Balkon. Straßenseitig ordnen sich die Individualräume in Richtung Osten an. 

Die beiden Dachgeschosswohnungen sind als doppelgeschossige Einheiten mit internen Erschließungen konzipiert. Im unteren Geschoss der Maisonetten werden die Individualräume und Bäder auf einer Ebene organisiert. Der gesamte Dachraum widmet sich dem Wohn- und Essbereich mit Terrasse zum Innenhof. Das sichtbare Holzdach erzeugt durch die Mansardenform ein großzügiges und behagliches Raumgefühl. Die großformatigen Öffnungen über die Dachfenster Richtung Osten und die Terrasse als Dacheinschnitt Richtung Westen schaffen einen lichtdurchfluteten, loftartigen Raum mit klarem Bezug nach draußen. 

Im Gegensatz zu immer komplexeren, aufwändigeren und fehleranfälligen Konstruktionen im Wohnungsbau wurden bei diesem Projekt einfache, einschichtige, nachhaltige und dauerhafte Konstruktionen und Baumaterialien gewählt. Dahinter liegt die Absicht, ein Gebäude für die nächsten Jahrzehnte zu bauen, welches angemessen altern kann und weit über die Abschreibungszeit hinaus funktioniert.

So sind die Außenwände des Hauses aus einem hochwärmegedämmten Ziegel, tragende und nichttragende Innenwände in ungedämmter Ziegelbauweise konstruiert. Lediglich der Treppenhauskern und die Geschossdecken bestehen aus Beton und sind im Innenraum sichtbar belassen. Alle Wände wurden mit einem Kalkfeinputz versehen und silikatisch beschichtet. Das Dach besteht aus massiven Brettstapelholzelementen mit Holzwolleaufdachdämmung und Stehfalzeindeckung. 

Innenräumlich überzeugt das Gebäude durch die spannende und zugleich harmonische Kombination aus massivem Eichenparkett, Sichtbeton, Sichtestrich, Holzfenstern und -türen sowie pulverbeschichteten Stahlelementen an Balkonen und im Treppenraum. 

Projektinformationen

Ort: Leipzig
Realisierung: 2018 – 2020
Bauherr: privat
Entwurf und Planung: KO/OK Architektur
Fotografie: Sebastian Schels